Die realistische und symbolische Bildhauerkunst von Leonardo Lustig
Bedacht das Bildhauerwerk von Leonardo Lustig geschichtlich und kritisch zu analysieren – einer der wenigen Kϋnstler, der sich der verwirrenden Art, in der sich heute mehrere auszudrücken versuchen, entgegengesetzt hat, gemӓβ der Aussage des Giulio Carlo Argan, in unseren Tagen vollziehe sich das Ende aller künsterischen Erfahrung – hat der Kunstkritiker Germano Beringheli, kürzlich, den Text geschrieben, den wir hier folgen lassen.
„Obwohl geneigt unsere heutige in fortwӓhrenden Expansion begriffene Realitӓt im Auge zu behalten und daher aufmerksam gegenüber den normalen Verӓnderungen in der Bildhauerkunst, sich aber selbst einer Sprache bedienend weit ab von den Konwentionen, die die Postmodernitӓt hat reifen lassen, hat sich Leonardo Lustig von der Quintessenz der schӧpferischen Ästhetik nie entfernt. Folglich – bestrebt und fӓhig die Schӧnheit sich zuzueignen – ist der Zugang den Lustig vom Betrachter seiner Arbeiten erwartet ein Verstӓndnis, zum Sinn des Werkes, mehr durch den Intellekt als durchs bloβe Gefϋhl; das innere Leben, die Empfindung, die das Bildnis ausdrücken soll, mehr durch die Tiefe des Auges wahrnehmen, mehr durch den Gedanken als durch Empfinden. Indessen hat der noch junge ligurische Bildhauer – wahrscheinlich der einzige seiner Generation, der humanistischen Themen und die Weise der Älteren durchdacht hat – die Art des europӓischen Klassizismus, die von der toscanischen Schule des vierzehnten Jahrhunderts angeregte Kunstauffassung des neunzehnten Jahrhunderts von Libero Andreotti wieder aufgenommen und die des dramatischen Expressionismus des modernsten etrusker Marino Marini. Nicht zufӓllig ist die Ausfϋhrung in Bronze seines „Pescatore“ (Fischer), auβer vom Verhӓltnis des Kunstwerkes zu Raum und Natur oder zum speziellen Ort, fϋr den es bestimmt ist, vor allem durch das Vorbild des neuen alegorischen Realismus von François August Rodin charakterisiert.
Die Skulptur, die ihre Form von der Wirklichkeit nimmt, ohne auf die Kraft und die Lebendigkeit eines idealen Modells zu verzichten hat die „poiesis catartica“ mit der die Materie (die Bronze) der fӓhigen und empfindsamen Hand von Lustig, die Stilisierung des Objekts oder des Kӧrpers übertrӓgt. Wirklich hat der Künstler (in diesem Fall der Kϋnstler von dem ich schreibe) dessen Aufmerksamkeit und Weg von den Griechen ausgegangen ist, keine progressiven Übergӓnge des Realismus vergessen, und nachdem er seine Ausbildung in der Akademie von Carrara abgeschlossen, hat er sich mit einer enormen unermüdlichen Arbeit der dem Auge entsprechenden Wirklichen genӓhert – zugleich blieb er offen fϋr den psychologischen Ausdruck und das Charakteristische seiner gewӓhlten Modelle. In diesem Streben hat er in einer immensen bedeutsamen Aufgabe die konkreten, objektiven Gesetze mit den subjektiven, die das Sehen und das Innewerden des Wirklichen ermӧglichen durchdrungen und durchforscht, ohne dabei das Symbolische der Kunst und ihre erleuchtende Sensibilitӓt zu vernachlӓssigen oder zu verraten.“
Beringhelis Betrachtung ϋbergehen hier objekiv und vorsetzlich, die kulturellen Kenntnisse, die fϋr ein vӧlliges Begreifen der formalen Bestimmungen bei der Bildhauerarbeit notwendig sind. Er beschrӓnkt sich darauf das Publikum darüber zu informieren, dass Lustigs Plastik der Forderung gehorcht dem Betrachter zu versichern der Wesensausdruck des Werkes gebe seine persӧnliche originelle Auffassung und Sensibilitӓt wieder. Und wirklich, wenn die reine Plastizitӓt der Griechen bei Lustig als naturalistische Strenge wieder aufgenommen wird, drückt sich die Kunst beim „Pescatore“ als Schӧnheit an sich aus – die Schӧnheit eines Objekts oder Kӧrpers, dessen Schicksal ist, als ӓhneldes Bildnis realistisch den Fluten übergeben zu werden.
Übrigens steht er (der Pescatore) soweit über den heutigen absurden Kunstauffassungen, dass er, indem er sein eigenes Leben in einem hӧherem Sinn lebt, den Geist der Natur aufzeigt und immer aufzeigen wird, und für die die ihr Abbild verewigen wollen.
Jahr 2013
Germano Beringheli